An Baugerüste hatte man sich im Umfeld der Coburger Stadtkirche St. Moriz bereits gewöhnt. Seit mehr als einem Jahr ist die Kirche geschlossen. Nach mehr als 40 Jahren seit der letzten Renovierung in den 1970er Jahren hatte sich im Kircheninneren nicht nur eine größere Menge Staub angesammelt, es war höchste Zeit für eine gründliche Sanierung und Modernisierung. Um alle Ecken zu erreichen, wurden gleich zu Beginn der Arbeiten im Inneren der Morizkirche an allen Seiten des Kirchenschiffs aus dem 16. Jahrhunderts Gerüstwände hochgezogen, während von außen bis vor kurzem noch wenig auf die umfangreichen Sanierungsarbeiten aufmerksam machte.
Für Arbeiten an der Außenfassade aufgestellte Baugerüste machten sich am vergangenen Wochenende dann aber offenbar Unbefugte zu Nutze, um sich aus noch ungeklärten Beweggründen an einem jahrhundertealten Kunstwerk zu schaffen zu machen. Dabei traf es ausgerechnet den vielfach im Coburger Stadtbild anzutreffenden Schutzpatronen der Stadt und der Kirche. An der links über dem Hauptportal angebrachten Sandsteinskulptur des Heiligen Mauritius fehlt seit dem Wochenende die zur Skulptur gehörende etwa 220 Zentimetern lange Schmucklanze aus Kupfer mit goldfarbener Spitze.
Es handelt sich dabei um eine Replik der »Heiligen Lanze« oder »Mauritiuslanze«, in der, der Legende nach, ein Stück des Nagels vom Kreuz Christi verarbeitet ist und dessen Besitzer als unbesiegbar galt. Die heute als Original verehrte »Heilige Lanze«, von der nur noch die Spitze erhalten ist, gehörte als Teil der »Reichskleinodien« zu den Herrschaftsinsignien der Kaiser und Könige des Heiligen Römischen Reiches und wird in der Schatzkammer der Wiener Hofburg aufbewahrt. An einer Bruchstelle des Lanzenblattes lies Kaiser Karl IV. im 14. Jahrhundert eine goldene Manschette mit der lateinischen Inschrift »+ Lanze und Nagel des Herrn« anbringen.Vor diesem Hintergrund handelt es sich, wenn auch nicht um das »Original«, dann doch durchaus um eine symbolträchtige Kopie einer Reliquie, die am Wochenende in Coburg entwendet wurde. Unklar bleibt jedoch, ob dem jew. Dieb bzw. den Dieben dies bewusst war. Die Coburger Kriminalpolizei hat in diesem Fall Ermittlungen aufgenommen und bittet um Hinweise aus der Bevölkerung. Wer am vergangenen Wochenende in Bezug auf den Diebstahl der Lanze oder rund um die Morizkirche etwas Verdächtiges beobachtet hat oder Angaben zu möglichen Tätern und/oder dem Verbleib der Schmucklanze machen kann, wird gebeten sich unter der Telefonnummer 09561/645-0 bei der Kriminalpolizei zu melden.
Pressestimmen
09.09.2015Neue Presse CoburgHoffen auf eine Einsicht der Diebe
08.09.2015Neue Presse CoburgHeiliger Mauritius in Coburg bestohlen
08.09.2015Coburger TageblattCoburgs Heiliger Mauritius wird Opfer von Dieben
Ein Blick ins Innere der Morizkirche